FOODSERVICE EQUIPMENT NEWS | digital foodservice media | MONTAG 06. Mai 2024 | Von Tim Oberstebrink

In einem auf den ersten Blick unscheinbaren Gewerbe-Areal in Ludwigsburg hat sich ein ehemaliger Luftschutzbunker in eine Oase der Nachhaltigkeit verwandelt. Im Rahmen eines innovativen Joint Ventures zwischen dem Edelstahlunternehmen Rieber und dem Start-up farmup entstand urbanfarmup, ein Projekt, das zeigt, wie ungenutzte Flächen revolutionär neu gedacht werden können.

Der Bunker, Teil des urbanharbor-Areals, ist von außen betrachtet alles andere als einladend. Doch tritt man ein, entfaltet sich ein anderes Bild: Hier gedeihen auf mehreren Ebenen üppige Microgreens, die an Restaurants und Großküchen verkauft werden. Das Konzept der vertikalen Landwirtschaft macht es möglich, auf kleinem Raum eine große Menge an Pflanzen anzubauen. Besonders in städtischen Gebieten, wo Platz eine Rarität ist, bietet diese Methode eine effiziente Lösung zur Lebensmittelproduktion.

Robin Jörg, Gründer von farmup, erklärt die Wahl des Standorts: „Die robuste Struktur des Bunkers bietet ideale Voraussetzungen für unsere Farm. Hier können wir das ganze Jahr über unter konstanten Bedingungen arbeiten.“ Tatsächlich ermöglicht die Isolation des Bunkers eine effiziente Kontrolle von Temperatur und Feuchtigkeit, was nicht nur Energie spart, sondern auch den Pflanzen zugutekommt.

Die Kooperation mit Rieber bringt zusätzliche Expertise in den Bereichen Edelstahl und Logistik ins Spiel. „Unsere Fähigkeiten im Bereich der Infrastrukturgestaltung helfen, die vertikale Farming-Technologie optimal zu nutzen“, sagt Madlen Maier, Gesellschafterin bei Rieber. Durch maßgeschneiderte Edelstahlkonstruktionen wird die Sicherheit und Hygiene der Anlage gewährleistet, was gerade in der Lebensmittelproduktion von größter Bedeutung ist.

Janko Hilliges, Culinary Manager bei Rieber, unterstreicht die Vorteile der frisch geernteten Microgreens: „Die Nährstoffdichte dieser jungen Pflanzen ist enorm. Sie sind nicht nur gesund, sondern auch geschmacksintensiv, was unsere Gastronomiekunden sehr schätzen.“ Die kurzen Transportwege vom Bunker bis in die Küchen tragen zusätzlich zur Nachhaltigkeit des Projekts bei, indem CO2-Emissionen minimiert werden.

Die Verwendung eines ehemaligen Luftschutzbunkers als Farm steht sinnbildlich für eine Kreislaufwirtschaft, in der keine Ressourcen verschwendet werden. urbanfarmup ist nicht nur ein geschäftliches Unterfangen, sondern auch ein Statement für umweltbewusstes Handeln und die Wiederbelebung brachliegender Flächen.

FSE-News hat die neue vertikale Farm, die unter dem von WISAG betriebenen Speisenwerk auf dem Urbanharbor-Areal zu finden ist, besichtigt und ein Interview geführt.

 

Tim Oberstebrink: Vielen Dank, dass Sie sich heute die Zeit nehmen. Erzählen Sie uns, wie die Idee entstanden ist, einen Luftschutzbunker in eine vertikale Farm umzuwandeln?

Madlen Maier: Die Idee entstand aus der Überlegung, ungenutzte Flächen in urbanen Räumen sinnvoll zu nutzen. Der Bunker bot sich an, weil er klimatisch kontrollierbar und gut isoliert ist, ideal für ganzjähriges Farming.

Robin Jörg: Hinzu kam der Wunsch, Lebensmittelproduktion näher an den Verbraucher zu bringen. Dies reduziert Transportwege und fördert frische, nachhaltige Ernährung.

Tim Oberstebrink: Welche technischen Anforderungen mussten Sie erfüllen, um den Bunker für die Landwirtschaft nutzbar zu machen?

Madlen Maier: Es gab einige Herausforderungen, vor allem die Installation eines effizienten LED-Beleuchtungssystems für das Pflanzenwachstum und die Schaffung eines zirkulierenden Bewässerungssystems, das Wasser spart.

Robin Jörg: Die technische Infrastruktur musste zudem sicherstellen, dass Temperatur und Feuchtigkeit präzise reguliert werden können, um optimale Wachstumsbedingungen zu schaffen.

Tim Oberstebrink: Wie stehen Sie zum traditionellen Outdoor-Farming im Vergleich zu Ihrer Methode des Vertical Farming?

Madlen Maier: Vertical Farming ermöglicht es uns, Raum effizienter zu nutzen und Erträge zu maximieren, ohne von saisonalen Schwankungen abhängig zu sein.

Robin Jörg: Außerdem haben wir die vollständige Kontrolle über Umweltbedingungen, was uns erlaubt, Pflanzenkrankheiten und Schädlinge besser zu managen.

Tim Oberstebrink: Robin, farmup hat offensichtlich tiefgehendes Wissen in der Kultivierung von Microgreens. Welche Besonderheiten bringen Microgreens mit sich?

Robin Jörg: Microgreens sind nicht nur nährstoffreich, sondern auch schnell wachsend, was sie ideal für den zyklischen Anbau in einer vertikalen Farm macht. Ihre Pflege und Ernte erfordert präzises Wissen über ihre Wachstumsbedingungen.

Tim Oberstebrink: Und wie trägt Rieber mit seiner Expertise in Sachen Hardware und Logistik zum Erfolg von urbanfarmup bei?

Madlen Maier: Unsere Erfahrung in der Entwicklung von Küchentechnik und Logistiksystemen ermöglicht es uns, die Anlagen so zu gestalten, dass sie maximale Effizienz und Hygiene garantieren. Wir haben auch Systeme für die Mehrweg-Logistik entwickelt, um Nachhaltigkeit zu fördern.

Tim Oberstebrink: Janko, als Culinary Manager, welche Vorteile sehen Sie in Microgreens für die Gastronomie?

 

Janko Hilliges

Microgreens bieten eine Explosion an Geschmack und Farbe, die Gerichte visuell und geschmacklich bereichern. Ihre Frische und Nährstoffdichte sind für Köche sehr attraktiv.

Tim Oberstebrink: Wie skaliert Ihr Modell, um regionale Belieferungen von LEH und Gastronomie-Großhandel zu managen?

Robin Jörg: Das Konzept ist darauf ausgelegt, skalierbar zu sein. Wir können ähnliche Farmen in anderen Städten implementieren, um die Versorgung lokal zu halten und gleichzeitig die Effizienz zu steigern.

Madlen Maier: Zudem arbeiten wir mit lokalen Partnern zusammen, um die Lieferketten kurz zu halten und schnell auf die Bedürfnisse des Marktes reagieren zu können.

Tim Oberstebrink: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein in Ihrem Geschäftsmodell?

Robin Jörg: Diese sind zentral. Wir nutzen 100% erneuerbare Energien, recyceln unser Wasser und minimieren unseren Abfall. Jeder Aspekt unserer Farm ist darauf ausgerichtet, umweltfreundlich zu sein.

Janko Hilliges: Und die Nähe zu unseren Kunden reduziert CO2-Emissionen signifikant, da wir auf lange Transportwege verzichten können.

Tim Oberstebrink: Robin, wie wichtig ist die Forschung und Entwicklung bei farmup, um an der Spitze der urbanen Landwirtschaft zu bleiben?

Robin Jörg: Forschung und Entwicklung sind entscheidend. Wir investieren ständig in die Optimierung unserer Anbaumethoden und Technologien, um Effizienz und Produktqualität zu verbessern.

Tim Oberstebrink: Janko, welche Rückmeldungen erhalten Sie von den Gastronomiekunden bezüglich der Microgreens?

Janko Hilliges: Die Rückmeldungen sind durchweg positiv. Gastronomen schätzen die Frische und die intensiven Aromen unserer Produkte, die es ihnen ermöglichen, innovative und ansprechende Gerichte zu kreieren. Übrigens waren auch die australische Köche-Nationalmannschaft bei der IKA Olympiade der Köche begeistert von der Geschmacksdichte! Hier im Speisenwerk auf dem Areal von urbanharbor ist WISAG der Betreiber der Betriebsgastronomie. So können wir uns gegenseitig Impulse für neue Verwendungen der Microgreens geben.

Tim Oberstebrink: Wie sehen Sie die Zukunft der urbanen Landwirtschaft in den nächsten fünf Jahren?

Robin Jörg: Wir erwarten ein starkes Wachstum in der urbanen Landwirtschaft, da immer mehr Städte die Bedeutung von Lebensmittelsicherheit und -nachhaltigkeit erkennen und die Technologie zugänglicher wird.

Madlen Maier: Und mit steigendem Umweltbewusstsein wird auch die Nachfrage nach lokal produzierten, nachhaltigen Lebensmitteln steigen.

Tim Oberstebrink: Welche Rolle spielen Partnerschaften und Kooperationen für urbanfarmup?

Madlen Maier: Partnerschaften sind entscheidend, um Expertise zu bündeln und Synergien zu schaffen. Unsere Kooperation mit farmup ist ein perfektes Beispiel dafür, wie zwei Unternehmen ihre Stärken kombinieren können, um innovative Lösungen zu schaffen.

Tim Oberstebrink: Robin, welche speziellen Pflanzenarten haben sich als besonders geeignet für den Anbau in einem Bunker herausgestellt?

Robin Jörg: Pflanzen wie Amaranth, Rettich und Erbse zeigen unter den kontrollierten Bedingungen besonders gute Ergebnisse, sowohl in Bezug auf Wachstum als auch Nährstoffgehalt.

Tim Oberstebrink: Janko, wie integrieren Sie die Microgreens in Ihre kulinarischen Konzepte?

Janko Hilliges: Wir nutzen sie in einer Vielzahl von Gerichten, von Salaten bis hin zu Hauptgerichten. Ihre Vielseitigkeit ermöglicht es uns, ständig neue, kreative und gesunde Menüs zu entwickeln.

Tim Oberstebrink: Was sind die größten Missverständnisse, die Menschen über Vertical Farming haben?

Robin Jörg: Viele glauben, dass Vertical Farming extrem teuer ist. Obwohl die Anfangsinvestitionen hoch sein können, sind die Betriebskosten aufgrund der Energieeffizienz und geringeren Wasserverbrauchs tatsächlich niedriger.

Tim Oberstebrink: Wie werden die Produkte von urbanfarmup vermarktet?

Madlen Maier: Unsere Marketingstrategie konzentriert sich auf die Bildung über die Vorteile von Microgreens und Vertical Farming. Wir nutzen sowohl traditionelle Medien als auch soziale Plattformen, um unsere Botschaft zu verbreiten.

Tim Oberstebrink: Letzte Frage: Welche Ratschläge würden Sie jemandem geben, der eine ähnliche Initiative starten möchte?

Robin Jörg: Beginnen Sie klein, nutzen Sie lokale Ressourcen und bauen Sie starke Partnerschaften auf. Das Verständnis für die lokale Marktbedürfnisse ist ebenfalls entscheidend.

Madlen Maier: Und scheuen Sie sich nicht, in Technologie zu investieren und innovative Wege zu gehen. Die Zukunft der Landwirtschaft könnte urban sein, und jetzt ist der perfekte Zeitpunkt, um Teil dieser Bewegung zu werden.

Tim Oberstebrink: Vielen Dank für dieses Gespräch. Wir sind gespannt, wie urbanfarmup weiterhin die Landschaft der urbanen Landwirtschaft prägen wird.

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Robin JörgGründer & CEO urbanfarmup
Ludwigsburg | urban food lab